Einen wunderschönen guten Morgen in den Norden. Da sich die erste richtige Gewitterlage der Saison anbahnt, haben wir uns nach einer längeren Zeit mal wieder für einen etwas ausführlicheren Bericht entschieden. Starten wir wie üblich mit der Wetterlage.
Wetterlage: Norddeutschland verbleibt am heutigen Samstag noch im Einflussbereich eines Höhenrückens, der von Marokko in Richtung zentrales Mittelmeer gerichtet ist und sich langsam ostwärts verabschiedet. Über den Britischen Inseln steht bereits Tief Silas in den Startlöchern, das sich inkl. Höhentrog bis zu Beginn der neuen Woche weiter gen Skandinavien verlagert und die Höhenströmung auf südwestliche Richtungen drehen lässt. Wir verbleiben zunächst im breiten Warmsektor des Tiefs, wobei zunehmend Luftmassen subtropischen Ursprungs (vgl. 12°C auf T850 in Südniedersachsen) mit reichlich Feuchte advehiert werden. Im Bodenfeld etabliert sich eine Tiefdruckrinne mit Konvergenz, die in der Nacht auf Sonntag gut mit einem weiteren kurzwelligen Troganteil harmonieren sollte, was zumindest für einige eine eher unruhige Nacht bedeuten könnte.
Was bedeutet das nun konkret? Nun, starten wir mit dem heutigen Samstag. Zunächst zeigt sich noch vielerorts die Sonne, auch wenn es im hohen, bzw. mittelhohen Wolkenstockwerk zeitweilig recht wolkig zugehen wird. Im Zuge der kräftigen Einstrahlung steht insbesondere in Südniedersachsen einiges an Energie (1000-1500 J/kg CAPE) zur Verfügung, die bis zum Nachmittag allerdings gut gedeckelt bleibt. Mir orographischer Unterstützung könnte es im weiteren Verlauf besonders im Niedersächsischen Bergland zünden, wobei unwetterartige Entwicklungen zunächst wenig wahrscheinlich sind (Starkregen um 20mm/h, kleinkörniger Hagel und Sturmböen der Stärke 7-8). Wir sollten allerdings einen Blich gen Westen werfen, wo ein erster Kurzwellentrog die Auslösung kräftiger Gewitter begünstigen könnte, die, sollten sie sich einmal gebildet haben, weiter ostwärts auf unseren Bereich übergreifen könnten. Die verschiedenen hochauflösenden Modelle zeigen ein eher uneinheitliches Bild, so dass wir die Situation im Nowcast verfolgen werden.
In der Nacht auf Sonntag kommt dann eine Tiefdruckrinne mit eingelagerter Windkonvergenz ins Spiel, die relativ gut mit einem weiteren kurzwelligen Troganteil interagieren könnte. Alle hochauflösenden Modelle zeigen innerhalb der Tiefdruckrinne eine anhaltende Schauer- und Gewitteraktivität, wobei die Zutaten kräftiger Gewitter trotz fehlender Einstrahlung aufgrund der guten Interaktion bis in die Vormittagsstunden anhalten dürfte. Mit zunehmend guter Scherung können wir vermutlich von linienartig angeordneten Strukturen ausgehen, wobei viel von der Vorgeschichte (also z.B. die Tatsache, ob bereits Samstagabend erste Gewitter durchziehen und „Energie“ aus der Nummer nehmen) abhängig bleibt. Die hochauflösenden Modelle zeigen gemäß der beschriebenen Unsicherheiten ein eher uneinheitliches Bild. Der Schwerpunkt sollte sich auf jede Fall eher in der zweiten Nachthälfte abspielen, wobei zunächst die südwestlichen Landesteile, in den Frühstunden auch die nordöstlichen Landesteile betroffen sein werden. Es gibt zudem eine Tendenz zur Verclusterung, so dass teils mehrstündiger Starkregen auf der Agenda stehen könnte. Die heftigste Entwicklung zeigt weiterhin das ICON-D2, welches seit einigen Läufen einen MCS (Gewitterkomplex) simuliert, der in Vergleich zu den anderen Modellen eine eher nördliche Zugbahn (Emsland – Bremen – Hamburg) einlegen könnte. Auf der anderen Seite befindet sich das SUPER-HD Modell, welches sehr defensiv aufgestellt wäre und auf eine eher linienartige Anordnung setzt (mit deutlichen Lücken). Aufgrund der Tageszeit wird als Warnparameter der Starkregen, im weiteren Verlauf auch der mehrstündige Starkregen im Fokus stehen (weniger Hagel und Sturmböen) – bis 25mm/h, bzw. 30mm/6h. Unwetterartige Entwicklungen bleiben möglich, sind in der Fläche aber eher unwahrscheinlich. Aus diesem Grund haben wir von der Ausgabe einer Vorabinformation abgesehen.
Der Sonntag startet im Norden und Nordosten mit Schauer und Gewittern, bzw. teils mehrstündigen Starkregen (je nach Vorgeschichte). Von Nordwesten nähert sich unterdessen die Kaltfront von Tief Silas, was zu einer deutlichen Stabilisierung führt. Tiefdruckrinne und Konvergenz verlagern sich im weiteren Verlauf weiter südostwärts, wobei es insbesondere zum frühen Nachmittag erneut zünden wird. Nach derzeitigem Stand betrifft das den äußersten Osten von Niedersachsen und den gesamten Nordosten, wobei neuerlich Starkregen um 25mm/h, Hagel und Sturmböen der Stärke 8-9 (~65-85km/h) auf der Agenda stehen – unwetterartige Entwicklungen bleiben ebenfalls möglich.
Werfen wir abschließend noch ein Blick auf die Mittelfristprognose. Bis zum Ende der ersten Juni-Dekade verbleiben wir voraussichtlich vorderseitig des Troges über Mitteleuropa (oder im Trogbereich, je nachdem welches Globalmodell man sich rauspickt) in einer südwestlichen/westlichen Höhenströmung, in der immer wieder Schauer und teils kräftige Gewitter erwartet werden. Zur Monatsmitte könnte sich dann ein neuer Höhenrücken aufwölben und das wechselhafte Wetter nachhaltig beenden – was von GFS, ECMWF und auch GEM angedeutet wird. Für die kommende Nacht heißt es ansonsten: Bitte verfolgt die Warnlage mit erhöhter Aufmerksamkeit!
RZ Hannover